Wie hoch war die radioaktive Belastung mit Jod-131 wirklich?

Bericht zu den Schilddrüsenkrebserkrankungen nach der AKW-Katastrophe von Fukushima

Tagebuch eines japanischen Journalisten von fukumoto masao (2018)

Als die erste Explosion am 12. März 2011 im AKW Fuku­shima daiichi erfolgte, waren in der Präfektur Fukushima knapp 370.000 Menschen un­ter 18 Jahre alt. Seitdem wer­den bei ihnen und den bis Ende März 2012 geborenen Kindern die Schilddrüsen un­tersucht. Bis zum 20. Lebens­jahr werden sie alle zwei Jahre untersucht, danach alle fünf Jahre.

Das im Dezember 2017 veröf­fentlichte Ergebnis der Unter­suchungen analysierte Dr. Alex Rosen, Vorsitzender der deutschen Sektion der Ärzte­organisation IPPNW, ausführ­lich in der April-Ausgabe des Strahlentelex [2].

Seit Mai dieses Jahres (2018) findet die 4. Untersuchungs­reihe statt. Bisher wurde bei insgesamt 209 Personen Schild­drüsenkrebs und Verdacht auf Schilddrüsenkrebs festgestellt (Stand Ende Juni 2018) [3].

Bei Kindern, bei denen zuletzt in der erneuten Untersu­chungsreihe Krebs nachge­wiesen wurde, war zuvor, in der vorhergehenden Untersu­chungsreihe, oft kein Krebs­zeichen diagnostiziert worden. Das bedeutet, dass die an Schilddrüsenkrebs erkrankten Kinder in der Tat eindeutig immer zunehmen. Man kann hier auch eine Dosis-Wir­kungs-Beziehung feststellen.

Diese Tatsache wird jedoch offiziell nicht anerkannt. Im­mer wieder wird erklärt, dass das auf die Massenuntersu­chung zurückzuführen sei. Außerdem wird darauf ver­wiesen, dass bei den betroffe­nen Kindern von Fukushima die radioaktive Belastung we­sentlich geringer sei als bei den Kindern von Tschernobyl, bei denen eindeutig die radio­aktive Belastung den Schild­drüsenkrebs verursacht hat.

Messpunkt in der Präfektur Fukushima

Die neue Studie

Der Molekularbiologe, KAWA­TA Masaharu, vormals an der Universität Nagoya, zweifelt daran und analysierte genauer die radioaktive Belastung mit Jod-131. Er war einer der ers­ten, die nahe zum Unfall-AKW vor Ort in der Stadt Minamisoma die Strahlung ge­messen hatten. Danach grün­dete er die Bürgermessstelle Minamisoma mit [4].

Kawata veröffentlichte seine Studie „die Ursache der Zu­nahme der Kinderschilddrü­senkrebserkrankungen durch die AKW-Katastrophe von Fukushima“ (Titel ins Deut­sche übersetzt) [5] auf der Website seines Vereins Tscher­nobyl-Chubu, der seit langem die Tschernobyl-Region unter­stützt. Seitdem erregt seine Studie in Japan Aufsehen. Ich berichte hier über diese Stu­die.

Kawata fing mit der Analyse der Exposition von Jod-131 und der eingeatmeten Jod­menge an. Er wies dann auf die Problematik bei der Ein­schätzung der Belastung mit radioaktivem Jod hin und be­zog auch Messergebnisse der Muttermilch mit ein.

Die Exposition mit Jod-131

Die Betreiberfirma des Unfall-AKWs Tepco veröffentlichte im Mai 2012 Daten über die Exposition mit Jod-131 (I-131). Demzufolge soll die ge­samte Exposition von I-131 bei 473 Petabecquerel (PBq = 1015 Bq) liegen. Davon seien am 15. und 16. März 2011 je­weils 110,32 PBq und 106,70 PBq, insgesamt 217 PBq frei­gesetzt worden. Das entspricht circa 46 Prozent der gesamten Menge, und der I-131-Wert war 14-fach höher als der Ge­samtwert des Cäsiums [6].

Kawata weist darauf hin, dass die meisten Wissenschaftler dabei auf die dementspre­chende Einschätzung der UNSCEAR-Berichte (2013 und 2016) verweisen, die eine I-131-Exposition von 100 bis 500 PBq ermittelt haben wol­len. Für den Tschernobyl-Unfall hatte der UNSCEAR-Bericht (2008) eine I-131-Exposition von bis zu 1760 PBq geschätzt.

Das ist ein Grund, weshalb die meisten Wissenschaftler sich auf eine wesentlich niedrigere Exposition nach dem AKW-Unfall von Fukushima beru­fen.

Die Windrichtung

Im frühen Frühjahr, in dem die Explosionen stattfanden, herrscht in der Präfektur Fu­kushima normalerweise Nord­westwind. Der Wind weht in Richtung zum Pazifik. Die meisten Daten über die da­malige Windrichtung an der Küste gingen durch das Erd­beben und den Tsunami verlo­ren. Aber die Daten über das nordwestlich vom Unfall-AKW 40 Kilometer (km) ent­fernt befindliche Dorf Iitate, die westlich in 45 km Entfer­nung liegende Stadt Tamura und die Stadt Onahama, die in südwestlicher Richtung 50 km entfernt ist, liegen noch vor. Kawata analysierte daraus die Windrichtung am 15.03.2011, an dem der Sicherheitsbehäl­ter des Blocks Nummer 2 be­schädigt wurde und die zweite Explosion im Block Nr. 3 stattfand. An diesem Tag soll am meisten I-131 freigesetzt worden sein, nämlich ein Viertel der gesamten I-131-Menge.

Danach stellte Kawata fest, dass man am 15.03. Nordost-, Südost- oder Ostwind hatte. Der Wind wehte tatsächlich in Richtung zum Inland, in Rich­tung der meisten Ballungsge­biete in der Präfektur Fuku­shima. Betroffen waren da­durch die Städte Fukushima (ca. 300.000 Einwohner), Ko­riyama (ca. 350.000 Einwoh­ner) und Iwaki (ca. 340.000 Einwohner).

Am nächsten Tag, dem 16.03., soll der Wind dagegen in Richtung zum Pazifik geweht haben.

Die Ortsdosisleistung am 15. 03. soll dem Tepco-Bericht zufolge in den Städten Fu­kushima und Iwaki bei 20 bis 25 Mikrosievert pro Stunde (µSv/h) gelegen haben. Der Wert war mehr als 400-fach höher als vor der Katastrophe. Die Abbildungen 1 und 2 zei­gen die I-131-Expositionen und Ortsdosisleistungen vom 13. bis 31.03.2011 in den bei­den Städten Fukushima und Iwaki.

Abb. 1: Stadt Fukushima (Quelle: Siehe die Anmerkung 5)
Abb. 2: Stadt Iwaki (Quelle: Siehe die Anmerkung 5)

Am 12.03.2011 ordnete die japanische Regierung für die Einwohner in den Ortschaften, die innerhalb von 20 km Ent­fernung vom Unfall-AKW lie­gen, die Evakuierung an. Die­se befinden sich an der Küste. Erst am 11.04.2011 wurde aus den im Inland befindlichen Ortschaften evakuiert, die 20 bis 30 km vom Unfall-AKW entfernt sind. Bis dahin wur­den 89 Prozent der gesamten I-131-Exposition freigesetzt. Aus den Ballungsgebieten wie Fukushima, Koriyama und Iwaki wurde nicht evakuiert, da sie vom Unfall-AKW mehr als 30 km entfernt sind.

Kawata stellte fest, dass die Menschen in der Präfektur Fukushima der meisten I-131-Exposition ausgesetzt waren, sofern sie sich nicht freiwillig evakuiert hatten.

Küstenregionen der Präfektur Fukushima
(gezeichnet von TANAKA Yu)

Die I-131-Konzentration in der Luft

Das Jod-131 wurde in der kri­tischen Zeit vom 12. bis 18.03.2011 nur nahe beim Un­fall-AKW gemessen. Ansons­ten hat man die I-131-Messwerte nur von drei Orga­nisationen, nämlich von der südlich vom Unfall-AKW mehr als 110 km entfernt lie­genden Atomenergieagentur Japans (JAEA), dem südwest­lich ca. 150 km entfernten Forschungsinstitut für Hoch­energiebeschleuniger (KEK) und der südwestlich 217 km entfernten Messstelle für den CTBT (Kernwaffenteststopp-Vertrag).

Den Angaben der JAEA zu­folge wurden in der Luft am 15.03. von 6.00 bis 9.00 Uhr maximal 1.600 Becquerel Jod-131 pro Kubikmeter (Bq/m3 I-131) gemessen. Nach der Analyse des Staubsammlers am 15.03. durch das KEK lag die I-131-Radioaktivität bei 32 Bq/m3. Bei der Messung vom 15. bis 16.03. durch die CTBT-Messstelle wurden 14,68 Bq/m3 I-131 ermittelt.

Die Gruppe mit dem Wissen­schaftler HIRAYAMA Hidoe vom KEK schätzte danach die I-131-Konzentration in der Luft [8]. Dieser Modellbe­rechnung zufolge soll im Be­zirk Koyodaira der Stadt Fukushima (nordwestlich vom Unfall-AKW 61,3 km ent­fernt) der höchste Wert von I-131 am 15.03. von 17.00 bis 18.00 Uhr vorhanden gewesen sein und 19.100 Bq/m3 betra­gen haben. Der Durch­schnittswert habe 3.650 Bq/m3 betragen. Die vierstelligen Becquerel-Werte sollen noch bis zum 16.03. um 4.00 Uhr vorhanden gewesen sein.

Um die Belastung der Men­schen zu ermitteln, wird der Becquerel-Wert noch mit der Aufenthaltsdauer multipliziert. Der Durchschnittswert in der Einheit Bqh/m3 (Becquerel mal Stunden durch Kubikme­ter) soll 65.700 betragen. Nach der darauf beruhenden Berechnung von Kawata soll in der Stadt Fukushima pro Tag ein Erwachsener 54.750 Bq I-131 eingeatmet haben, und ein Kind 27.375 Bq [9].

Die radioaktive Belastung der Schilddrüsen

Nach dem Tschernobyl-Unfall wurden im Umkreis des Un­fall-AKWs von Mai bis Juni 1986 circa 130.000 Kinder auf die I-131-Belastung der Schilddrüsen untersucht. Im Vergleich dazu wurde in Ja­pan nach der Katastrophe von Fukushima nicht umfangreich untersucht, und man kann für die Schilddrüsenuntersuchung von I-131 nur zwei magere Untersuchungen verzeichnen.

Die eine Untersuchung wurde durch die Gruppe mit dem Professor TOKONAMI Shinji an der Universität Hirosaki durchgeführt. Vom 11.04. bis 16.04. wurden insgesamt 62 Menschen, die aus Namié (17) und Minamisoma (45) in die Stadt Fukushima evakuiert wa­ren, mit Hilfe eines Nal(Tl)-Szintillationsspektrometers am Hals gemessen, und aus dem Gammaspektrum wurden der eingenommene Bq-Wert und die Äquivalentdosis für die Schilddrüsen ermittelt [10].

Demnach betrug der höchste I-131-Wert 1.500 Bq bei ei­nem Erwachsenen. Bei den 8 untersuchten Kindern, die bis 19 Jahre alt waren, lag die durchschnittliche Äquivalent­dosis bei 4,2 Millisievert (mSv) und die höchste bei 23 mSv. Dabei wurde angenom­men, dass man am 15.03. nur 4 Stunden lang I-131 aufge­nommen hatte, da der Staub mit I-131 erst gegen 13.00 Uhr die Ortschaften erreicht habe und es gegen 17.00 Uhr angefangen habe zu regnen.

Trotz der niedrigen ermittelten Werte geht die Wissenschaft­lergruppe, aus der I-131-Kon­zentration in der Luft in Iitate abgeleitet, auch davon aus, dass man maximal 85.000 Bq I-131 aufgenommen haben könnte, und dass für das Kind, bei dem nach der Messung die Äquivalentdosis von 21 mSv berechnet wurde, eine Äquiva­lentdosis von maximal 63 mSv anzunehmen wäre.

Kawata widerspricht dieser Annahme. Die Wissenschaft­lergruppe um Hirayama nimmt an, dass der radioaktive Staub durch den Regen vollständig aus der Luft ausgewaschen und auf den Erdboden gelangt ist. Deshalb geht man davon aus, dass nur 4 Stunden lang I-131 eingeatmet wurde. Dann ist jedoch nicht zu erklären, wie die noch weiter westlich liegende Stadt Fukushima noch viel mit I-131 kontaminiert wurde.

In dieser Studie werden ferner keine Angaben über die Nach­weisgrenze des Spektrometers gemacht, obwohl bei 23 Per­sonen die Nachweisgrenze nicht überschritten worden sein soll. Außerdem blieb die Hintergrundstrahlung uner­wähnt.

Die Studie wurde auf der Ba­sis der Messung, die einen Monat nach der Explosion durchgeführt worden war, und mit verschiedenen fehlerhaf­ten Annahmen erstellt. Kawa­ta sieht deshalb dort hohe Feh­lerquoten und nimmt an, dass die tatsächliche I-131-Bela­stung noch wesentlich höher gewesen sein kann.

Die andere Untersuchung wur­de im Auftrag der staatlichen Atomsicherheitskommission durch die vor Ort ansässige Nuklearschutzzentrale durch­geführt. Vom 26.03. bis 30.03. wurden insgesamt 1080 Kin­der, die 0 bis 15 Jahre alt waren, mit Hilfe eines Szintil­lationsmessgerätes in Iwaki (134), Kawamata (631) und Ii­tate (315) untersucht [11].

Der höchste Wert der Strah­lung betrug bei einem Kind 0,1 𝜇Sv/h, und bei 99 Prozent der untersuchten Kinder lag der Wert unter 0,04 𝜇Sv/h. Das Messergebnis wurde von den verschiedenen wissen­schaftlichen Studien in Japan zitiert, und man schätzt dem­zufolge, dass die durchschnitt­liche Äquivalentdosis für die Schilddrüsen bei den Kindern in Kawamata 7,3 mSv, in I­waki 15,9 mSv und in Iitate 14,7 mSv betrug. Nur beim vierjährigen Kind mit dem höchsten Messwert von 0,1 𝜇Sv/h wurde die Dosis auf 35 mSv berechnet.

Abb. 4: Schilddrüsenmessergebnisse (netto) von 1080 Kindern
(Quelle: siehe Anmerkung 11)

Kawata sieht diese Messwerte als sehr problematisch an, da damals die Ortsdosisleistung an den Messstellen wesentlich höher lag als 2 𝜇Sv/h und die korrekte Messung am Hals unmöglich war. Nach der An­weisung des japanischen Mi­nisteriums für Gesundheit und Arbeit hätte man an der Stelle messen sollen, an der die Hin­tergrundstrahlung unter 0,2 𝜇Sv/h liegt. Das war nicht möglich, und das führte dazu, dass fast 60 Prozent der Netto-Werte (Messwert minus Hin­tergrundstrahlung) bei 0,0 𝜇Sv/h lagen, wie in der Abbil­dung 4 gezeigt. Es gab sogar Minus-Netto-Werte.

Kawata hält auch die Ermitt­lung der Äquivalentdosis für die Schilddrüsen in der Studie für falsch. Die Äquivalentdo­sis wurde unter der Annahme berechnet, dass man vom 12.03. bis 24.03. täglich kon­tinuierlich die gleiche Menge I-131 eingeatmet hat. Unter der gleichen Annahme wurde für die Äquivalentdosis auch der Bezugswert der Atomsi­cherheitskommission von 108 mSv ermittelt. Dabei wurde vorausgesetzt, dass beim ein­jährigen Kind netto 0,2 𝜇Sv/h gemessen und daraus 4.400 Bq I-131 in den Schilddrüsen berechnet wurden.

Dagegen geht Kawata davon aus, dass man überwiegend nur am 15.03. das I-131 ein­geatmet hat. Dafür soll man auch nach ICRP das Berech­nungsmodell für die einmalige Atmung verwenden. Unter der gleichen Voraussetzung be­rechnete Kawata die Äquiva­lentdosis, wenn beim einjähri­gen Kind 11 Tage später, am 26.03. netto 0,2 𝜇Sv/h gemes­sen worden wären. Daraus er­gab sich die Äquivalentdosis von 257 mSv.

Beim vierjährigen Kind mit dem höchsten Messwert von 0,1 𝜇Sv/h (siehe Abbildung 4) wurde dann entsprechend eine Äquivalentdosis von mehr als 100 mSv ermittelt. Der Wert ist circa 3-fach höher als in der Studie geschätzt.

Die Ermittlung aus der Muttermilchbelastung

Gleich nach der AKW-Kata­strophe begann die Bürger­initiative „Netzwerk für die Muttermilchprüfung und Un­terstützung von Müttern und Kindern“ damit, von den im Nordosten Japans wohnenden Müttern die Muttermilch zu entnehmen und darin die Ra­dioaktivität zu messen. Man erinnerte sich noch daran, dass berichtet worden war, dass nach dem Tschernobyl-Unfall in der Muttermilch, die von den in Osaka im Westen Ja­pans lebenden Müttern ent­nommen worden war, ein we­nig Radioaktivität nachgewie­sen worden war.

Vom 16.03. bis 12.04. 2011 konnten 9 Proben gesammelt werden, und davon wurde in 4 Proben I-131 nachgewiesen. Der Wert lag bei 6,4 bis 36,3 Bq/kg. Das Ergebnis wurde in einer Pressekonferenz am 20. 04.2011 veröffentlicht. Darauf­hin reagierte das Ministerium für Gesundheit und Arbeit sehr schnell und entnahm vom 24.04. bis 31.05. insgesamt 119 Proben an Muttermilch. Davon wurde in den am 24.04. entnommenen 7 Proben das I-131 gemessen. Von den belasteten 7 Proben wurden 5 Proben in der südlich der Präfektur Fukushima befindli­chen Präfektur Ibaragi entnom­men, und jeweils eine in der Präfektur Fukushima und in der südlich der Präfektur Iba­ragi befindlichen Präfektur Chiba. Die Messwerte betru­gen zwischen 2,2 und 8,0 Bq/kg [12]. Daraus folgerte das Ministerium, dass die Werte sehr niedrig seien, und dass man beim Stillen nicht zu ängstlich sein soll.

Die Gruppe mit dem Wissen­schaftler TANI Kotaro vom NIRS (National Institute of Radiological Sciences) entwi­ckelte nach dem ICRP-Modell ein eigenes Berechnungsmo­dell für die I-131-Belastung bei der Mutter aus der Mut­termilchbelastung und veröf­fentlichte in der Zeitschrift „nature“ die Berechnungsme­thode für die Äquivalentdosis für die Mutterschilddrüsen aus der vom Ministerium für Ge­sundheit und Arbeit gemesse­nen I-131-Muttermilchbelastung [13]. Der Gruppe zufolge soll ihr Modell mit der ICRP-Empfehlung 95 gut überein­stimmen.

Nach diesem Modell wurde auch die Äquivalentdosis beim Säugling ermittelt, der mit der belasteten Mutter­milch gestillt wurde. Dafür soll das Berechnungsmodell für die einmalige Atmung verwendet worden sein. Die Tabelle zeigt das Berech­nungsergebnis.

Die ermittelten Werte sind sehr hoch. Über das Ergebnis wurde während der Experten­sitzung des japanischen Um­weltministeriums am 20.05. 2014 berichtet, aber das Be­rechnungsergebnis wurde nicht in dem Beitrag in der Zeit­schrift „nature“ veröffentlicht. Dazu gab die NIRS-Gruppe nur den Hinweis, dass das hohe Berechnungsergebnis nicht der Realität entspreche und nicht veröffentlicht werde. Ei­ne Begründung dafür wurde nicht gegeben. Es wurde auch nicht behauptet, dass das Be­rechnungsmodell falsch sei. Stattdessen wurden lediglich die Werte veröffentlicht, die mit der gemessenen I-131-Konzentration in der Luft und der Einschätzung der aufge­nommenen Lebensmittel- und Trinkwasserkontamination bei der Mutter berechnet wurden. Die Äquivalenzdosis für die Säuglingsschilddrüsen soll dem­zufolge bis zu 11 mSv betra­gen.

Was für ein Unterschied ist das!

Fazit

Der UNSCEAR-Bericht be­züglich der I-131-Belastung wurde auf der Grundlage der fehlerhaft gemachten Studien aus Japan erstellt, kritisiert Kawata. Trotzdem glauben viele Wissenschaftler und Medien blind diesem Bericht und es wird behauptet, dass die radioaktive Belastung der Schilddrüsen nach der Kata­strophe von Fukushima we­sentlich geringer sei als die von Tschernobyl. Das stimmt nicht, betont Kawata. Die Be­lastung müsse wesentlich hö­her sein.

Die Messmethode mit dem Messgerät am Hals war auch nicht korrekt, worauf Kawata hinwies. Er würde Bioassays empfehlen, mit denen das I-131 in der Urin- oder Mutter­milchprobe nachgewiesen wer­den kann. Damit könne die I-131-Belastung der Schilddrü­sen besser ermittelt werden.

7 Jahre nach der Katastrophe von Fukushima wollen die ja­panische Regierung und die Präfektur Fukushima die An­zahl der Schilddrüsenuntersu­chungen wesentlich verringern. Sie behaupten, dass die Zu­nahme der Erkrankungen an Schilddrüsenkrebs auf die mas­senhaften Untersuchungen zu­rückzuführen sei und das zu mehr Angst vor der Radioak­tivität führe. Die Untersuchungs­reihen der Schilddrüsen wollen sie auf die Freiwilligen be­schränken, obwohl die Zahl der Schilddrüsenkrebserkran­kungen nach den Erfahrungen aus dem Tschernobyl-Unfall erst in 10 Jahren wesentlich ansteigen kann.

Außerdem wird wahrschein­lich bald mit dem Abbauen der 3.000 Messpunkte begon­nen werden, die nach der Ka­tastrophe aufgestellt wurden. Wenn die vor Ort gemessene Ortsdosisleistung unter 0,23 𝜇Sv/h liegt, wird der Mess­punkt als nicht mehr notwen­dig angesehen. Davon können rund 2.400 Messpunkte be­troffen sein.

Nach Kawatas Auffassung geht man derart mit der Ver­harmlosung einen falschen Weg. Mit genaueren Daten, die mehr der Wahrheit ent­sprechen, könne man sich bes­ser beruhigen und unnötige Angst und Unsicherheit ver­meiden.

Anmerkungen:

[2] Alex Rosen: Schilddrüsenkrebs in Fukushima 7 Jahre nach Be­ginn der Atomkatastrophe, Strah­lentelex 750-751 v. 5.4.2018, S. 1-5,

www.strahlentelex.de/Stx_18_750-751_S01-05.pdf

[3] www.asahi.com/articles/ASL963SXML96UBQU009.html,

http://www.ourplanet-tv.org/?q=node/2275.

Es wurde festgestellt, dass min­destens 11 Fälle nicht erfasst worden waren.

[4] Über KAWATA Masaharu habe ich bereits in meinem Arti­kel in der September-Ausgabe 2017 des Strahlentelex kurz be­richtet.

www.strahlentelex.de/Stx_17_734-735_S01-06.pdf

[5] http://www.chernobyl-chubu-jp.org/_src/sc1490/kawata-bangaihen201805.pdf#search=%27%E7%A6%8F%E5%B3%B6%E5%8E%9F%E7%99%BA%E4%BA%8B%E6%95%85%E3%81%AB%E3%82%88%E3%82%8B%E5%B0%8F%E5%85%90%E7%94%B2%E7%8A%B6%E8%85%BA%E3%81%8C%E3%82%93%E5%A2%97%E5%8A%A0%E3%81%AE%E5%8E%9F%E5%9B%A0%E3%81%AB%E3%81%A4%E3%81%84%E3%81%A6%27

[6] http://www.tepco.co.jp/cc/press/betu12_j/images/120524j0105.pdf

[7] Siehe den Link  http://agora.ex.nii.ac.jp/earthquake/201103-eastjapan/weather/data/wind-20110311/

[8] www.jstage.jst.go.jp/article/taesj/advpub/0/advpub_J14.027/_pdf

[9] Vorausgesetzt, dass man der I-131-Exposition pro Tag 10 Stun­den lang ausgesetzt war.

[10] www.researchgate.net/publication/229083427_Thyroid_doses_for_evacuees_from_the_Fukushima_Nuclear_accident

11] www.gakushuin.ac.jp/~881791/housha/details/files/siryo1.pdf#search=%27%E5%B0%8F%E5%85%90%E7%94%B2%E7%8A%B6%E8%85%BA%E8%A2%AB%E3%81%B0%E3%81%8F%E8%AA%BF%E6%9F%BB%E7%B5%90%E6%9E%9C%E8%AA%AC%E6%98%8E%E4%BC%9A%E3%81%AE%E7%B5%90%E6%9E%9C%E3%81%AB%E3%81%A4%E3%81%84%E3%81%A6%27

[12] www.mhlw.go.jp/stf/houdou/2r9852000001azxj-img/2r9852000001b01o.pdf

[13] www.nature.com/articles/srep12426

[14] 放医研 明石真言「福島事故後の母乳測定データ解析

(環境省第6回原発事故に伴う住民の健康管理のあり方に関する専門家会議 2014.5.20)

Sitzungsprotokoll: http://www.env.go.jp/chemi/rhm/conf/conf01-07/ref04.pdf

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