KUGE Sumire
Teilnehmerin am Schülerprojekt 2019
Ich bin 16-jährige Schülerin, KUGE Sumire. Ich mag Volleyball spielen und Musicals anschauen. Als ich das Erdbeben miterleben musste, war ich 8 Jahre alt. Da ich noch zu den unteren Jahrgängen gehörte, habe ich zu Hause Hausaufgaben gemacht.
Gleich nach dem Notfallalarm für das Erdbeben kam ein heftiges Beben. In Japan erlebt man ab und zu Erdbeben, aber ich erinnere mich noch daran, dass ich es damals sehr furchtbar gefunden habe, da ich zum ersten Mal einen Alarm erlebt hatte.
Meine Mutter kam sofort zu mir ins 1. Obergeschoß, und wir sind trotz des heftigen Bebens über die Treppe runtergegangen. Wir, die Familie , haben verzweifelt versucht, unser Leben zu retten. Auch nach dem Beben waren wir nicht sicher. Überall zu Hause sind die Schränke und die anderen Möbel umgefallen, und die Glassplitter und Bruchstücke waren zerstreut. Ohne Schuhe wäre es sehr gefährlich gewesen, wieder ins Haus reinzugehen. Wir haben Schuhen tragend die noch verwendbaren Sachen aus dem Haus herausgetragen. Das Fehlen meines Vaters hat wahrscheinlich dazu geführt, dass die damaligen Erinnerungen noch entsetzlich sind.
Mein Vater ist Feuerwehrmann und konnte uns an dem Tag nur ein Mal anrufen, um festzustellen, dass wir uns wohl befinden.
Als Kind war ich nicht sicher, ob die Familie auseinander geht, und ob mein Vater noch nach Hause zurückkommt.
Ohne den Vater sind wir in eine Sporthalle in der Nähe evakuiert und haben mit den anderen Evakuierten 2 bis 3 Tage dort verbracht. An den kalten Märztagen, wo es noch geschneit hat, haben wir auf dem harten Fußboden dicht nebeneinander geschlafen. Diese 3 Tage kann ich nie wieder vergessen.
Da die Läden geschlossen waren, waren wir für die Alltagsbedürfnisse auf gespendete Artikel angewiesen. Eine Weile mussten wir auch die Einnahme des Trinkwassers einschränken. Wir waren körperlich und psychologisch sehr erschöpft. Ein Video, das ich in der Sporthalle angeschaut habe, hat mich sehr bewegt. Dort habe ich gesehen, dass viele Ausländer mit Japanern zusammen sehr fleißig für die Betroffenen arbeiten.
In dem Moment habe ich gedacht, dass ich beruflich mit dem Ausland zu tun haben will.
Nach dem Erdbeben hatten wir anschließend noch weitere Havarien durch den Tsunami, Brände in großem Umfang und die Nuklearkatastrophe, die viele Opfer verursacht haben. Die Region, in der ich wohne, war am meisten von der Nuklearkatastrophe betroffen. Obwohl die Region relativ weit vom Unfall-AKW entfernt ist, wurde am Anfang eine hohe Strahlendosis gemessen, und wir durften nicht im Freien spielen und die Bodenerde nicht berühren. Wir mussten auch sämtliche Gartenpflanzen entsorgen. Die Bodenerde im Schulhof wurde durch nicht kontaminierte Erde ersetzt, und wir mussten ein Plattenmeßgerät tragen, um den Strahlenwert zu ermitteln. Meine Großeltern betreiben Agrarwirtschaft, und sollen gezwungen worden sein, alle radioaktiv belasteten Ernten zu entsorgen und die kontaminierte Erde zu ersetzen.
Obwohl mein Leben dadurch beschränkter abgelaufen ist als früher, fühle ich mich nicht unglücklich. Ich habe glücklicherweise weder wichtige Menschen noch wichtige Dinge verloren.
Nach dem Erdbeben sind 8 Jahre vergangen, und der Wiederaufbau ist sehr fortgeschritten. Es gibt trotzdem noch viele Evakuierte, die noch nicht nach Hause bzw. in die Heimat zurückkehren können. Jeder hat dafür eigene Gründe. Manche können wegen des hohen Strahlenwertes, der den Grenzwert überschreitet, nicht nach Hause zurückgehen, und Manche wollen evtl. nicht nach Hause, da sie sich nicht mehr daran erinnern wollen. Aber in jedem Ort hat man seine eigenen Erinnerungen.
Egal, ob man zurückkehren will oder nicht, hatte man dort sein eigenes Leben und seinen eigenen Alltag. Wenn ich daran denke, dann ist das sehr schmerzhaft. In den Gebieten, in denen alles vom Tsunami weggespült wurde, hat man immer noch nichts. Dort sieht es immer noch so aus wie damals , als ob die Zeit nicht vorangegangen sei. Dort sieht man an jedem 11. März, dass die Menschen, die ihre Familienangehörigen verloren haben, dort Blumen niederlegen. Bei dem Erdbeben habe ich mit meinen eigenen Augen gesehen, was alles verloren geht. Die Häuser wurden weggespült, die Haustiere kamen ums Leben, und vielen Menschen wurde die Freiheit weggenommen.
Parallel dazu habe ich auch vieles gelernt.
In den Nachrichten habe ich viele Ausländer gesehen, die uns helfen wollen. Das ist unvergeßlich. Die Ausländer, die ich in den TV-Nachrichtensendungen gesehen habe, sind weder Hollywood-Star noch Präsident. Trotzdem sind sie nach Japan gekommen, um uns zu helfen. Ich finde es wunderbar, und das freut mich sehr. Ich will auch so ein Mensch werden.
Das war der Anlass, dass ich mich für das Ausland interessiere.
Ich habe aus meinen Erfahrungen gelernt, dass auch ich jemandem helfen kann, wenn ich den Mut habe. Ich will viel ins Ausland gehen und selbst die Welt anschauen. Mein Traumjob ist Flugbegleiterin, die viele glücklich machen kann. Ich will so werden, aus Dankbarkeit für die Menschen, die uns geholfen haben.
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