TOGAWA Kae

Teilnehmerin am Schülerprojekt 2019

1. Ich heiße TOGAWA Kae und wohnte in der Ortschaft Namié. Ich bin Oberschülerin der 10. Klasse und 15 Jahre alt. Ich gehöre jetzt zur AG Tanz und bin jeden Tag in der AG mit den Kameradinnen und Kameraden aktiv.

2. Erinnert ihr euch noch ans Erdbeben im Nordosten Japans? Das Erdbeben ereignete sich am Freitag, den 11. März 2011.

Mein Haus bebte heftig, und wurde bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Ich konnte nicht begreifen, was ich machen soll. Am nächsten Tag wurde für die Ortschaft der Notfallalarm zur Evakuierung ausgelöst. Ich konnte auch nicht verstehen, warum ich die Stadt verlassen muss. Die Besonderheit, dass ich noch am Leben war, war mir nicht bewußt.

Während der Evakuierung habe ich die Schwächen der Erwachsenen miterleben müssen. Wir waren zuerst in der Minami (Süd)-Grundschule in der Ortschaft Kawamata. Das war das schlimmste, was ich erleben mußte.

Wir hatten weder Wasser, Strom noch Lebensmittel. Sogar die Privatsphäre und die Möglichkeit zum Baden gab es nicht. Ich wollte so bald wie möglich den Ort verlassen. Wir waren 10 Tage in der Sporthalle. Danach sind wir zur nächsten Evakuierungseinrichtung gefahren, aber dort war es gleich schlimm. Da sehr viele Menschen in der Einrichtung wohnten, wüteten infektiöse Durchfallerkrankungen.

Fast alle Bewohner in der Sporthalle wurden infiziert, und viele haben sich um die Sporthalle herum erbrochen. Immer mehr Bewohner wurden infiziert, und wir gehörten auch dazu. Es war sehr hart für alle. Manche sind vor Stress ausgerastet. Ich erinnere mich immer noch an die Tage, an denen meine Vorstellungen immer wieder übertroffen wurden. Dort waren wir eine Woche lang und mussten für die weitere Evakuierung zur nächsten Einrichtung fahren. Das war eine vorläufige Wohneinrichtung.

Das neue Leben mit der Evakuierung hat damit begonnen. Selbstverständlich war es dort auch sehr schlimm. Im Sommer war es dort zu heiß und im Winter zu kalt. 8 Jahre sind sehr schnell vergangen, finde ich.

In der Zeit musste ich vieles einstecken. Ich musste sehr oft böse Worte hören. „Da sind die Evakuierten. Sie haben sehr viel Entschädigung erhalten. Sie bringen uns die Strahlung.“ Am schlimmsten war, dass eine beste Freundin von mir an meinem Schulschrank geschrieben hat, „Stirb“.

Danach wurde ich ins Schulleiterzimmer gerufen. Dort hat mein Lehrer mir gesagt, „Die Tat der Schulkameradin gegen mich hat keine Bedeutung. Sie hat sich auch bereits bei dir

entschuldigt.“ Das war überhaupt nicht wahr. Was meinte der Lehrer damit? Ich konnte ihn gar nicht verstehen.

Während in Kawamata manche gesagt haben, „geht raus! Oder bringt nicht die Strahlung“, gab es auch manche, die gesagt haben, „Lebt wohl“, oder die für uns Reiskugeln besorgt haben. Jetzt habe ich wunderbare Freundinnen und Freunde und wunderbare Lehrerinnen und Lehrer. Nur wer das Erdbeben miterlebt hat, der weiss von den Folgen. Man kann manchmal nur mit Worten nicht alles übermitteln, aber ich versuche, vielen die Erfahrungen mit dem Erdbeben zu übermitteln, um in Zukunft passende Maßnahmen zu ergreifen. Die einzig richtige Antwort gibt es nicht, aber ich will über meine Erlebnisse als ein Beispiel berichten.

3. Stellt euch vor, wie es sich 8 Jahre nach dem Erdbeben in der Präfektur Fukushima verändert hat. Ich glaube nicht an irgendeine erfreuliche Veränderung. Ich fahre ab und zu in die Heimat Namié, aber ich habe dabei überhaupt nicht gesehen, dass es dort auf einem guten Weg ist. Tatsächlich ist der Schutt nicht mehr zu sehen, aber in den Umgebungen um die einst lebendigen Einkaufspassage und die Schulen war es ganz still. Vor dem Erdbeben waren ca. 21.000 Einwohner dort, aber bis jetzt sind nur ca. 1.000 Menschen zurückgekehrt. In den Gebieten, in denen alles vom Tsunami weggespült wurde, sieht man nur Baustellen und großgewachsenes Kraut. Es wird noch diskutiert, ob man die alte Stadt wiederaufbauen oder die Stadt neu aufbauen soll. Ich bin für den Wiederaufbau. Dafür will ich auch aktiv sein.

4. Ich will in Zukunft Englischlehrerin werden. Ich mag Englisch und will Menschen in aller Welt auf Englisch über die Präfektur Fukushima und das Erdbeben berichten. Aber mit meiner jetzigen Englischfähigkeit kann ich das noch nicht. Ich soll meine Englischfähigkeit noch verbessern. Während des zweiwöchentlichen Deutschlandaufenthaltes will ich auch lernen, wie ich meine eigenen Meinungen übermitteln und meine englische Aussprache verbessern kann. Ich hoffe, dass ich dadurch einen Schritt weiter meinem beruflichen Traum als Englischlehrerin näher kommen kann.