Keynote anläßlich der 80 Jahre Atombombenabwürfe

„Auf den kleinen Frieden im Alltag“

Ich hielte am 16.09.2025, 9.00 Uhr für das Projekt der katholischen Marienschule Potsdam

„Japan-Tage Licht und Schatten“ einen Keynote Vortrag. Hier veröffentliche ich den Rede-Text .

Es gilt das gesprochene Wort.

Ich bin Vorstandsmitglied des Hiroshima-Platz Potsdam e.V., der vor dem Trumanhaus ein Denkmal mit den damals an jenen Tagen in Hiroshima und Nagasaki verstrahlten Steinen errichtet hat.

Zusammenstellung:

Ich spreche heute über folgende Aspekte, und zwar

Hiroshima jetzt und früher

Atombombenabwürfe und deren Folgen

Bedeutung des Hiroshima-Nagasaki-Platzes

Ich will euch auch drei Persönlichkeiten als Zeitzeuge bzw. Zeitzeugin vorstellen:

– Herr TSUBOI, Sunao

– Herr SOTOBAYASHI, Hideto

– Frau Nora Lang

Zum Schluss spreche ich über den Frieden auf der Straße und im Alltag.

Hiroshima jetzt 1:

Das Foto zeigt, dass Hiroshima jetzt eine moderne Großstadt ist. Ja, Hiroshima ist eine Millionenstadt.

Es gibt dort Flüsse in der Stadtmitte. Das hat gewisse Bedeutungen.

Hiroshima jetzt 2:

Die sind meistens Nebenflüsse, die in die Seto-Inlandsee fließen. An einem Fluß findet an jedem 06.08. der Laternenabend statt, um die Seelen der Opfer des Atombombenabwurfs zu trösten und auf eine atomwaffenfreie Welt zu hoffen.

Unser Verein organisiert in diesem Jahr am 09.08. den Laternenabend am Griebnitzsee.

Hiroshima früher 1:

Japan und Deutschland bildeten seit 1936 eine Allianz (Antikominternpakt).

Japan wollte Jugendaustausch mit Deutschland. Dafür reiste Reinhold Schulte als Vertreter der Hitler-Jugend im Mai 1937 nach Japan.

Für die Vorbereitung der Japan-Reise durch die Hitler-Jugend machte er ein Jahr später die Vortragsreise durch Mittel- und Südjapan. Dabei wurde ein Videofilm gedreht. Daraus habe ich zwei Fotos bereitgestellt.

Das 1. Foto zeigt wahrscheinlich, wie es damals am jetzigen Friedenspark aussah.

Hirohisma früher 2:

Die DVD des Videofilms wurde mir vom Sohn von Reinhold Schulte gegeben. Der Sohn wurde in Japan geboren und ist erst 1949 nach Deutschland zurückgekehrt. Sein Vater war vorher als deutscher Diplomat ein Jahr lang im Gefängnis in Tokio gewesen.

Uhr:

Die Uhr zeigt etwa nach Viertel 9 (8.15 Uhr).

Die Uhr ist so stehen geblieben.

Warum?

Die Atombombe wurde am 06.08. gegen 8.15 Uhr auf Hiroshima abgeworfen und explodierte nach ca. einer Minute.

Auf Nagasaki wurde 3 Tage später um 11.02 Uhr die Atombombe abgeworfen.

Atompilz:

Nach der Explosion entstand der Atompilz, photographiert vom Bomber, der die Atombombe auf Hiroshima abgeworfen hat.

Explodierte die Atombombe direkt auf dem Boden?

Nein, in Hiroshima explodierte sie in einer Höhe von ca. 600 m.

Zerstörte Stadt:

Nach der Explosion der Atombombe sah es in Hiroshima total zerstört aus, als ob eine Stadt ausgelöscht worden wäre.

Quelle: U.S. Navy

Das Foto wurde vom Piloten des B-29-Bombers, dem Obersten Paul Tibetts signiert, der die Atombombe abwarf.

Der Bomber, der die erste Atombombe abgeworfen hat, wurde nach der Mutter des Obersten Enola Gay genannt.

Atombomben:

Die Hiroshima-Bombe war eine Uran-Bombe, 3 Meter lang, 4,5 t schwer, und „Little Boy“ genannt. Die Sprengkraft entsprach 16.000 t TNT.

Die Nagasaki-Bombe war eine Plutonium-Bombe, 3,3 Meter lang, 4,7 t schwer, und „Fat Man“ genannt. Die Sprengkraft entsprach 21.000 t TNT

TNT ist die Abkürzung des Sprengstoffs Trinitrotoluol.

Das TNT-Äquivalent wird als Maßstab für die bei der Explosion freiwerdende Energie verwendet.

Die zum Vergleich verwendete bunkerbrechende Bombe GBU-57 wurde für die Luftangriffe der USA auf die iranischen Atomanlagen in Natanz und Fordo am 22. Mai dieses Jahres eingesetzt. Die Bombe hat eine sehr hohe Durchschlagskraft.

Die auf Hiroshima und Nagasaki eingesetzten Atombomben hatten aber 5000 bis 7000 mal höhere Energien als GBU-57.

Tote:

In Hiroshima sind schätzungsweise bis Ende 1945 ca. 140.000 Menschen gestorben. Am 06.08.1945 waren vermutlich ca. 350.000 Menschen in der Stadt.

Registrierte Tote als Hibakusha bis 06.08. vergangenen Jahres betrugen ca. 344.000.

In Nagasaki wurde geschätzt, dass am 09.08.1945 ca. 74.000 getötet wurden. Die Zahl der Einwohner*Innen war ca. 240.000.

Registrierte Tote als Hibakusha bis 09.08.2024 waren ca. 199.000 Menschen.

30 bis 40 % der Einwohnerinnen und Einwohner waren sofort tot.

Zu den Registrierten Toten werden jährlich vom Jahrestag bis zum nächsten Jahrestag verstorbene Hibakusha, die als verstrahlte Überlebende anerkannt waren, addiert.

Hiroshima-Nagasaki-Platz:

Warum Hiroshima-Nagasaki-Platz jetzt?

Was für eine Bedeutung hat der Platz?

Wir, Hiroshima-Platz Potsdam e.V., organisieren alle 5 Jahre eine Gedenkveranstaltung am 25. Juli am Hiroshima-Nagasaki-Platz, nachdem wir vor dem Trumanhaus ein Denkmal mit den damals in Hiroshima und Nagasaki verstrahlten Steinen errichtet haben.

Der 25. Juli ist der Tag des militärischen Befehls für die Atombombenabwürfe vor 80 Jahren. Der Befehl wurde aus Washington D.C. am 25. 07. 1945 an den General Carl Spaatz, kommandierender General der strategischen Luftstreitkräfte der USA erteilt. Der war verantwortlich für die Operation Atombomben.

In dem Haus, das jetzt Trumanhaus genannt wird, wurde durch den US-Präsidenten Harry S. Truman für die Atombombenabwürfe die endgültige Entscheidung getroffen. Dort wohnte der US-Präsident Truman vom 15. 07. bis 02. 08. 1945, um an der Konferenz der drei Großmächte im Schloss Cecilienhof teilzunehmen. Potsdam ist damit historisch gesehen nach Hiroshima und Nagasaki ein wichtiger Ort zum Erinnern an die Atombombenabwürfe.

Drei Persönlichkeiten als Zeitzeuge oder Zeitzeugin:

Durch den Atombombenabwurf verstrahlte Überlebende werden in Japan „Hibakusha“ genannt.

Ich erzähle zuerst über die Geschichten der zwei „Hibakusha“ aus Hiroshima. Damit möchte ich euch zeigen, zu was für Konsequenzen der Atombombenabwurf für die Opfer geführt hat.

Dazu möchte ich noch von einer Überlebenden des Luftangriffs auf Dresden erzählen.

Herr TSUBOI, Sunao:

Herr Tsuboi war Mittelschullehrer und Mittelschulleiter. Er war ca. 20 Jahre der Vorsitzende der Hibakusha-Organisation „Hidankyo Japan“, die im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Das war zum großen Teil sein Verdienst.

Er starb im Oktober 2021 mit 96 Jahren.

Quelle: Premierministeramt Japans

Hier im Foto war er in der ersten Reihe der Teilnehmenden im Friedenspark Hiroshima, als der US-Präsident Obama 2016 zum ersten Mal als US-Präsident Hiroshima besucht hat.

Tsuboi war am 06.08.1945 20 Jahre alt und war Student der technischen Hochschule Hiroshima. Er ist gerade aus einer kleinen Gaststätte rausgekommen, in der er gefrühstückt hat, als die Atombombe abgeworfen wurde.

Er hat sofort am Rücken eine große Druckwelle gespürt und wurde umgeschleudert. Er war eine Weile ohnmächtig und als er wieder zu sich kam, hat er gesehen, dass er an beiden Händen stark blutet. Aber er bemerkte die schwere Verbrennung am ganzen Rücken nicht.

Er hat versucht, irgendwo eine Rettungsstelle zu finden. Er konnte gerade noch zu einer Polizeiwache an einer Brücke kommen. Dort versammelten sich schon sehr viele Menschen. Er blieb in einer Kaserne als sterbender Mensch. Dort wurde er glücklicherweise von seiner Mutter gefunden und nach Hause gebracht. Er war 1,5 Monate bewusstlos und hat am 25.09.1945 wieder das Bewusstsein erlangt. Er wusste gar nicht, dass Japan kapituliert hat.

Das war ein Wunder, dass er überlebte.

Als verstrahlt überlebender Hibakusha wurde er oft diskriminiert. Es war echt schwer, als Hibakusha angestellt zu werden. Er hat sich in eine Frau verliebt, aber ihre Eltern haben der Heirat nicht zugestimmt, da viele glaubten, dass Hibakusha bald sterben. Die beiden haben Tabletten genommen, um sich zu töten, aber er und die junge Frau überlebten. 7,5 Jahren später konnten sie heiraten, da Tsuboi schon so lange am Leben war.

Miyuki-Brücke:

Sehr viel später hat er festgestellt, dass er an der Brücke photographiert wurde, als er neben der Polizeiwache saß. Das war an der Miyuki-Brücke. Viele Hilfe suchende Menschen, deren Rücken total verbrannt war, kann man im Foto sehen.

Der kleine Mann mit dem total schwarzen Gesicht war Tsuboi.

Reise nach Deutschland:

Er hatte mehrere Krebsoperationen hinter sich und befand sich mehrmals in Lebensgefahr. Er hatte auch eine schwere Herzkrankheit und musste immer Nitroglyzerin dabei haben.

Als er mit einer anderen Überlebenden, Frau SASAKI, Aiko nach Deutschland kam, um über ihre Erfahrungen nach dem Atombombenabwurf zu berichten, habe ich sie begleitet.

Das Foto entstand bei ihrer Deutschland-Reise 2005, als die beiden im Stahlwerk Salzgitter dessen KZ-Außennebenlager besichtigt haben.

Ich habe den 80-jährigen Tsuboi trotz seiner sehr harten Vergangenheit als heiterer und sehr positiv denkender Mensch erlebt. Nach seinem Bericht hat er vor den Teilnehmenden die deutschen Lieder „Forelle“ und „Heidenröslein“ gesunden, sogar auf Deutsch. Die Teilnehmenden, die seine grausame Geschichte hören mussten, haben ihn sehr euphorisch gefeiert.

Sasaki wohnte im Umfeld der Stadt Hiroshima, als die Atombombe abgeworfen wurde. Aber sie musste sich als Schülerin um aus der Stadt Geflüchtete kümmern, an deren Köpern und Kleidern radioaktive Stoffe blieben. Dadurch wurde sie sekundär verstrahlt und zur Hibakusha.

Sie hat als unsere Vertreterin in Hiroshima für die Errichtung des Gedenkortes Spenden gesammelt, aber konnte den fertiggestellten Gedenkort am Hiroshima-Nagasaki-Platz nicht mehr erleben. Sie hat langjährig unter dem Diabetes, eine typische Erkrankung bei Hibakusha, gelitten und starb unerwartet 2008.

Herr SOTOBAYASHI, Hideto:

Herr Sotobayashi wurde in Nagasaki geboren und ist in Hiroshima aufgewachsen. Er ist Mitte der 1950er Jahre als junger Wissenschaftler nach Westberlin gekommen. Er wollte früh seine Heimat verlassen, da er als Hibakusha nicht diskriminiert werden wollte. Er wurde später zum Chemieprofessor am Fritz-Haber-Institut. Neben dem Institut befand sich ironischerweise das Kaiser-Wilhelm-Institut, in dem die Kernspaltung im Dezember 1938 entdeckt wurde. Diese Entdeckung führte zur Entwicklung von Atombomben.

Aber im kalten Krieg fand er sich am sichersten in Westberlin als die vorderste Front zwischen Ost und West.

Oberschulgebäude:

Er war am 6. August 1945 16 Jahre alt und nahm ab 8 Uhr mit 24 Schülern am Chemie-Unterricht teil im 1. Obergeschoß dieses Oberschulgebäudes. Die Schule war vom Abwurfzentrum der Atombombe 1,5 km entfernt.

Ich zitiere aus seinem Tagebuch vom 06.08.1945:

Plötzlich, um 8 Uhr 15, während des Unterrichts, ereignete sich ein Blitz, als wäre eine riesige Lampe eingeschaltet. Anschließend donnerte es. Dadurch stürzte das Schulgebäude ein.

Als ich wieder zu mir kam, sah ich Licht von oben durch ein Loch und war in der Lage, nach der Beseitigung einiger Trümmer, selber ins Freie zu gelangen. So sah ich, dass alle umliegenden Gebäude eingestürzt waren und stellenweise Feuer ausgebrochen war.

Meinen Freund Komyo fand ich unter den Trümmern des Gebäudes eingeschlossen. Er war verletzt und bat um Hilfe. Mit allen Kräften räumte ich Hindernisse aus dem Wege und half ihm, sich aus seiner Not zu befreien. Inzwischen griff das Feuer um sich. Wenn ich nicht schnell geflohen wäre, hätte mich das Feuer erfasst. Obwohl ich Hilferufe von unten hörte, musste ich meinen verletzten Freund Komyo sofort wegführen.

Gedenkort:

2006 fingen wir mit einer Veranstaltung mit der Spendenaktion an, um vor dem Trumanhaus einen Gedenkort zu errichten. Für die Veranstaltung wollten wir jemanden, der auf der Podiumsdiskussion über die Atombombenabwürfe sprechen kann.

Mir fiel der Name Sotobayashi ein, obwohl ich wusste, dass er verschweigt, dass er Hibakusha ist. Ich habe ihn angerufen, aber er hat mich zuerst um Bedenkzeit gebeten. Er sagte, er verschweigt es für seine Familie in Hiroshima. Einige Tage später sagte er die Teilnahme zu. Er hat in der Veranstaltung ganz kurz über seine Vergangenheit gesprochen.

Ein Jahr später, als wir den Verein gründeten, sagte er mir, er will durch seine Vortragsreise für den Gedenkort Spenden sammeln. Seinen offiziellen ersten Auftritt als Hibakusha hatte Hideto im November 2007 im japanisch-deutschen Zentrum in Berlin. Seitdem erzählte er als Hibakusha mindestens ein Mal pro Monat von seiner Geschichte nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern. Am Anfang habe ich ihn auf seine Bitte begleitet und Spenden gesammelt.

Für den langjährigen Diabetiker muss alles eine große Belastung gewesen sein. Aber er hat es für sein Leben gemacht. So ist der Gedenkort Hiroshima-Nagasaki-Platz zu seinem Lebenswerk geworden. Der Gedenkort wurde am 25.07.2010 feierlich eingeweiht.

Am 06.08.2011 hat er am Hiroshima-Platz (damals hieß es noch so) ins goldene Buch der Stadt Potsdam eingetragen. Dabei war es schon auffällig, dass es ihm nicht mehr gut geht. Hideto starb im Dezember 2011 mit 82 Jahren und wurde auf dem Goethe-Friedhof hier in der Nähe beigesetzt.

Frau Nora Lang:

Nora kenne ich seit 20 Jahren. Sie ist Überlebende der Luftangriffe auf Dresden vom 13. bis 15.02.1945. Sie wird Friedensbotschafterin Dresdens genannt.

Dass an jedem 13.02. in Dresden die Menschenkette mit weißen Rosen gebildet wird, ist ursprünglich ihre Idee.

Sie wird bald im August 94 Jahre alt sein und ist noch sehr fit. Sie nutzt immer noch eMails und Smartphone. Sie schickt mir sofort eine Rückmeldung, wenn ich ihr eine eMail geschickt habe.

Im Foto zeigt sie mir die Fotos in ihrem Smartphone, die 2022 in spanischem Guernica gemacht wurden. Guernica wurde 1937, vor dem 2. Weltkrieg, durch Deutschland bombardiert, um dem spanischen Diktator Franco zu helfen. Das war der weltweit erste anlasslose menschenverachtende Luftangriff.

Versöhnung:

Was hat Nora mit Guernica zu tun?

Ein Angebot kam 1999 aus dem spanischen Guernica an die Initiative der Überlebenden in Dresden, nämlich vom Leiter des Forschungsinstitut für Frieden, Herrn Fuan Gueterres, der im Foto neben Nora steht. Er hat eine Überlebende oder einen Überlebenden aus Dresden zum Austausch mit den Überlebenden in Guernica eingeladen.

Von Noras Gruppe wollte niemand nach Guernica fahren bis auf Nora. Nora kann kein Spanisch, aber fand es schön, wenn man als Opfer der militärischen Gewalt miteinander sprechen kann, egal, von welcher Seite man ist, Angreifer oder Angegriffener.

Nora ist alleine mit einem kleinen Koffer nach Guernica geflogen. Für sie war es kein großes Problem, dass sie kein Spanisch kann. Das war der erste Versuch der Versöhnung mit Überlebenden, die durch Deutschland angegriffen wurden. Seitdem existiert der Austausch zwischen Dresden und Städten/Gemeinden, die durch Deutschland zerstört wurden, wie Guernica, englisches Coventry, tschechisches Liditz und polnisches Wielun.

Generationsaustausch:

Seit 30 Jahren wird jährlich am 13.02. durch die Initiative der Überlebenden in Dresden der Generationsaustausch veranstaltet.

Überlebende und Jugendliche sitzen verteilt an kleinen runden Tischen. Die Überlebenden erzählen den Jugendlichen von ihren Erfahrungen während der Luftangriffe und danach, während die Jugendlichen den alten Überlebenden immer wieder Fragen stellen können. Dadurch entsteht eine Generationendiskussion.

Ich war mal durch Zufall am Tisch, an dem auch Nora saß. Sie erzählte, was sie im Austausch mit Jugendlichen in Israel erleben musste. Dabei wurde ihr gesagt: Du bist kein Opfer, da du aus Deutschland bist. Du bist die Täterin! Nora sagte dagegen gar nichts.

Danach fragte Nora in Dresden die am runden Tisch sitzenden Mädchen, ob sie wirklich die Täterin ist, obwohl sie Opfer der Luftangriffe ist. Die gefragten Mädchen mussten eine Weile darüber nachdenken. Demselben Problem werden auch überlebende Hibakusha ausgesetzt, wenn sie in ostasiatischen Ländern von ihren Erfahrungen erzählen.

Diese Frage will ich euch auch stellen. Ist die Nora die Täterin? Und sind Hibakusha auch Täter?

Überlegt. Ich gebe euch eine Weile Zeit.

Habt ihr schon im Kopf eine Antwort?

Alles, was ihr jetzt darüber nachgedacht habt, nehmt nach Hause mit!

Darüber kann man zu Hause mit der Familie sprechen oder im Freundeskreis.

Man kann jetzt auch keine Antwort finden. Das ist kein Problem. Man kann weiter darüber nachdenken. Später kann man auch eine andere Antwort haben. Das ist eure Meinung. Die Meinung ist weder richtig noch falsch. Jede Meinung ist eine Meinung.

Banner:

Am 13. Februar 2018 habe ich nach der Veranstaltung in Dresden am Abend in der Nähe der Frauenkirche ein Banner gefunden, das das Foto jetzt zeigt.

Darauf steht:

Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah

Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon

Der Spruch stammt von dem Holocaust-Überlebenden, Max Mannheimer. Er war in den KZ-Lagern in Auschwitz und Dachau und konnte überleben. Danach engagierte er sich viel für die Erinnerungskultur an die Holocaust-Verbrechen.

Wenn man den Spruch liest, dann könnte man sich einer schweren Last ausgesetzt fühlen.

Ist es wirklich so?

Sophia und Nora:

Seht mal dieses Foto.

Zwei Damen stehen nebeneinander vor dem Gemeinschaftsgrab der Luftangriffsopfer im Februar 1945 im Dresdner Heidefriedhof. Links ist Sophia aus dem polnischen Wielun, das kurz vor dem Überfall auf Polen Anfang September 1939 in Gdansk/Danzig durch Deutschland bombardiert wurde,(Das war der Beginn des 2. Weltkriegs) und rechts Nora.

Sophia trägt an einer Hand einen zerbrochenen Stein der durch die deutsche Bombardierung zerstörten Kirche in Wielun und Nora einen kleinen Blumentopf. Was bedeutet das denn?

Sie tragen den selbst ausgewählten Gegenstand als Friedenssymbol auf der Straße oder im Alltag. So etwas kann man leicht im Alltag finden, oder.

Hiroshima-Nagasaki-Platz:

Im Foto sieht man, dass die Kinder auf dem großen Stein im Platz spielen. Ist das nicht Frieden? In der Hoffnung auf den Frieden faltet man Papierkraniche. Das ist nur im Frieden möglich. An den Japan-Tagen kann man auch am Basteltisch im Foyer Papierkraniche falten.

Man findet bestimmt auf der Straße oder im Alltag seinen eigenen Frieden. So kleiner Frieden im Alltag ist auch wichtig.

Es gibt im Alltag auch Konflikte, Mobbings und Diskriminierungen wie in der Familie, unter den Freunden oder in der Schule. Wie geht man damit um? Macht man Augen zu? Oder diskutiert man miteinander, um das Problem gemeinsam zu lösen? Man überlegt und entscheidet selbst, was man macht, um friedlich miteinander umzugehen. Man soll darüber nachdenken.

Suchen wir so selbst auf eigenem Weg den Frieden.

Das freut mich, wenn ihr alles nach Hause mitnehmt, was ihr an den Japan-Tagen hier mitbekommen habt, und wenn ihr zu Hause in der Familie oder im Freundeskreis darüber miteinander sprecht. Das ist auch sehr wunderbar, nicht wahr.

Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit!

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